Meine Erlebnisse mit Saito Sensei

Seito Sensei in Berlin

1999 war ein großes Jahr für Saito Sensei in Europa. Im März lud ich Saito Sensei zum Seminar nach Berlin ein. Ich hatte oft davon geträumt, meinem Lehrer die Stadt zu zeigen und stellte mir vor, wie er sich darüber freuen würde. Als er dann wirklich da war, fuhren wir gleich zum Brandenburger Tor und ließen uns davor fotografieren. Später einmal erzählte mir Sensei, er wolle wieder nach Berlin kommen, es hätte ihm da sehr gefallen. Da er noch nie in Berlin gewesen war, war er anfangs ein wenig misstrauisch, ob denn überhaupt Teilnehmer zu seinem Seminar kommen würden. Überrascht hatte ihn dann doch die komplett gefüllte Halle mit vielen Aikido-Schülern aus ganz unterschiedlichen Stilrichtungen. Sensei war vor und nach dem Seminar in meinem Haus untergebracht und wir haben eine wertvolle Zeit in der Familie miteinander erlebt. Dabei gab es eine  Begebenheit, die ich oft meinen Schülern erzähle und die die Verbindung in einer Meister-Schüler-Beziehung deutlich machen. Beim Abschiedsessen wurde traditionell japanisch gekocht, wobei zu sagen ist, dass Sensei ein ausgesprochener Gourmet war und sich besonders bei japanischer Kost kritisch äußern konnte. Es gab Sommerreis, aber es war ja erst Frühling geworden. Sensei saß und aß und sagte kein Wort. Als er fertig war, stand er auf und wollte zum Flughafen gebracht werden. Wir wussten, er wollte immer früh aufbrechen, um nicht in einen Stau zu kommen. Wir fuhren ihn also hin und verabschiedeten uns. Was blieb war die Unsicherheit, ob es ihm geschmeckt hatte und ob wir das Mahl richtig zubereitet hatten. Er sagte diesbezüglich nichts. Zwei Monate später erwarteten wir Saito Sensei am Flughafen in Zürich. Seine engsten Schüler standen in der Empfangshalle, bereit ihn zu begrüßen. Als er durch die Tür beim Zoll kam, ging er schnurstracks auf mich zu, streckte mir die Hand entgegen und sagte: „Ano ne, Berlin no oishi tabemono domo arigato gozaimashita“, was so viel heißt wie: „Für das leckere Essen in Berlin, vielen Dank“. Ich war zu tiefst berührt, hatte er doch viel erlebt in der Zwischenzeit und vieleEssen gegessen. Er bedankte sich nun bei mir für ein Mahl, das zwei Monate zurücklag und hielt damit mein Herz in seiner Hand.
Das nun folgende Seminar in den Schweizer Alpen, war von besonderer Intensität und Schönheit. Sensei demonstrierte ununterbrochen mit mir und so konnte ich aus seinen klaren Bewegungen und Würfen neue tiefe Erfahrungen schöpfen, die meine Weiterbildung in dieser magischen Kunst intensiv förderten. Sensei erzählte uns, dass er einen immer wiederkehrenden Traum hätte. O’Sensei sei ihm oft erschienen und wäre nicht sehr zufrieden gewesen mit dem Weg, den das Aikido in jener Zeit nahm. In seinem jetzigen Traum hätte O’Sensei ihn angelacht und sei mit der Richtung des jetzigen Aikidos sehr zufrieden. Wir waren alle von Saito Senseis Erzählung berührt, hatten Tränen in den Augen und fühlten die Wahrheit seiner Worte. Die Aikido-Gemeinschaft von Saito Sensei war in den vergangenen Jahren stark an Mitgliedern gewachsen, die Seminare füllten sich mit einer großer Anzahl von Teilnehmern und das Interesse an seinem Aikido wuchs kontinuierlich weiter. Im Anschluss an das Seminar in der Schweiz schrieb ich Sensei einen Brief der wie folgt lautete:

Sehr geehrter Saito Sensei,
herzlichen Dank für Ihren Licht bringenden Lehrgang mit den wunderbar präzisen Erklärungen in der Schweiz. Ich wünsche ruhige Tage für Sie und Ihre Familie. Es war traurig, als Sie nach Japan zurückkehrten, aber beglückend zugleich mit dem Wissen, Sie bald wieder in Europa sehen zu dürfen. Ihre Verbindung zu O’Sensei zeigt sich in der Brillanz Ihres wahren Aikidos. Sie tragen es in sich und es ist ein ewiges Erlebnis, wie Sie diesen unermesslich reichen Schatz an uns alle zur Bewahrung weitergeben. Ich danke Ihnen aus tiefster Verehrung und Nähe. Das Verlangen O’Senseis Aikido kennenzulernen wird immer größer in der Welt. Nach dem Berliner und Schweizer Seminar haben mich sechs Dojos gebeten, bei sich ein Waffen-Seminar zu unterrichten. Ihre Worte, dass es für die Lehrer des Takemusu Aikidos in der Zukunft viel Arbeit geben wird, haben sich wiederum bewahrheitet. Ihr Aikido, O’Senseis Aikido, trägt als wahres Budo dazu bei, die unterschiedlichen Stilrichtungen in der Aikido-Welt zusammenzuhalten. Ein Beweis dafür ist das große Interesse an Ihren Seminaren. Ich freue mich sehr Sie bald wieder in Rom sehen zu dürfen, so verbleibe ich in großer Verbundenheit,

hochachtungsvoll Ihr Wolfgang.

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