Meine Erlebnisse mit Saito Sensei

Wieder in Iwama

Erst im April 1990 sahen wir uns wieder. Ich kehrte für einen Monat als Uchi Deshi nach Iwama zurück. Nach den Morgentraining und dem Aufräumen und der Pflege des Waldes um den Aikido Schrein saßen wir oft beim gemeinschaftlichen Mittagessen mit Sensei, der uns dabei von lustigen Beobachtungen erzählte, die uns fröhlich stimmten. In dieser Zeit prüfte Sensei viele seiner Schüler zum Waffendan der 1. bis 5. Stufe. Er schrieb in feinster Kalligrafie das gesamte Programm auf Schriftrollen und überreichte sie in einer Zeremonie den geprüften Schülern. Gegen Ende meines Aufenthaltes träumte ich eines Morgens,  mein Futon sei vor dem Shomen aufgebaut. Im Traum sah ich sah, wie Sensei und ich im Dojo spielerisch Aikido praktizierten, herumtollten und uns auf der Matte ausruhten. Plötzlich veränderte sich die Stimmung meines Traumes und Sensei rief meinen Namen, immer wieder und immer lauter. Darüber wachte ich auf und musste zu meiner Verwunderung feststellen, dass Sensei tatsächlich meinen Namen rufend an der Dojotür stand und dass ich aufstehen solle – wir würden in die Berge fahren. Es war 4:45 Uhr am Morgen. Zusammen mit einem weiteren Schüler fuhren wir mit Sensei in seinem Auto nach Nikko. Hoch oben in den Bergen lag noch Schnee und Sensei ließ uns an einem besonderen kleinen Tempel aussteigen. Im Inneren gab es wunderbar geschnitzte übermannshohe Phalli, die einen Tempel der Fruchtbarkeit darstellten. Saito Sensei war vergnügt uns diesen Ort zu zeigen, offensichtlich wurde der Tempel von vielen Menschen besucht, die sich Nachwuchs wünschten. Die Ritzen in den Holzstämmen waren mit  Ein-Yen Stücken gefüllt. Anschließend fuhr uns Sensei zur Heilquelle, wo wir zu dritt als die einzigen Gäste im heißen Wasserbecken entspannten. Am nächsten Tag bereiteten wir im Küchenbereich des Dojos Mittagessen zu. Saito Sensei leitete uns an. Nachdem die Zutaten bereits kleingeschnitten waren, stellte er plötzlich fest, dass das Netz, in dem die Zwiebeln aufbewahrt wurden, fehlte. Sensei gab zu verstehen, dass das nicht in Ordnung sei und fragte, wo es hingekommen sei. Die Spannung steigerte sich unaufhörlich, bis das Netz aus dem Abfall herausgezogen wurde. Sensei zeigte sich empört und wollte wissen wer denn das getan hätte. Ein Schüler zeigte durch seine Körpersprache besonders intensiv, dass er es nicht getan habe. Darauf reagierte Sensei und erklärte ihm, er sollte immer Haltung bewahren und seine Aufmerksamkeit nicht verlieren, weil man sonst angreifbar wäre.

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