Meine Erlebnisse mit Saito Sensei

Saito Sensei konnte unglaublich lustige Pantomimen vorführen, so erklärte er vor versammelter Mannschaft, dass große Hühner großes Geschrei machen und er ahmte dabei den krähenden Hahn nach. Wir bogen uns vor Lachen. Bei den kleinen Hühnern, die er züchte, wäre das Geschrei nicht so groß. Wieder brachte er uns zum Lachen mit seiner Nachahmung des leisen Hühnergeschreis, wobei er sich die Kehle zuhielt. Er meinte, die kleinen Hühner seien verträglicher für die Nachbarschaft, da sich niemand über lautes Krähen aufregen könnte. Der fertig gezimmerte Hühnerstall wurde direkt vor dem Dojo aufgestellt damit alle Schüler bewundernd sehen konnten, was die Uchi Deshi sonst noch so leisteten. Es gab nur milde Zustimmung von den japanischen Schülern, hatten sie das im ländlichen Iwama schon viele Male gesehen.
Im März begannen im Dojo die Gashukku Seminare, bei denen Schüler der Oberschulen für drei oder vier Tage im Dojo übernachteten und von Saito Sensei am Tag viermal Unterricht erhielten. Sie hatten alle Aikido an ihrer Schule begonnen und wurden nun vom Meister in die genauen Basistechniken des Aikidos eingeführt. So ging es den ganzen März. Eine Gruppe von Schülern folgte der anderen und bald hatten wir uns daran gewöhnt, viele Male am Tag zu trainieren. Es war eine intensive und schöne Zeit von Saito Sensei so viel Unterricht zu erhalten, die Uchi Deshis waren immer dabei. Ende März wurden wir alle belohnt, das Intensiv Training war abgeschlossen, der normale Dojobetrieb hatte wieder begonnen und wir feierten Saito Senseis Geburtstag. Er lud alle Uchi Deshis und hochrangige Schüler am Abend des 31. März zu einer Grillparty vor seinem Haus ein. Bis tief in die Nacht hinein wurde gefeiert. Nie werde ich die Zugehörigkeit zu dieser herzlichen und kraftvollen Gemeinschaft eines so vorzüglichen Lehrers vergessen. Wenn wir mit Saito Sensei beim Essen zusammen saßen hatte er stets das Wort und war voller Aikido Geschichten. Seine Beobachtungen waren nicht nur zutreffend sondern auch komisch und immer wieder brachte er uns dabei zum Lachen. Sensei war lebende Aikido Geschichte, er hatte die ganze Entwicklung des modernen Aikidos in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg miterlebt und konnte gezielte Aussagen darüber machen, ob eine Aikido Stilrichtung wirkungsvoll und der korrekten Ausführung von O’Sensei entsprach oder nicht. Er erzählte uns dass es viele intelligente Aikido Lehrer gäbe die, O’Senseis Aikido verändert hätten. Er hingegen wäre nicht so intelligent und hätte O’Senseis Aikido weitergemacht, aber, so fügte er hinzu, er sei noch keinem besseren Aikido als dem des O’Sensei begegnet. Oft kritisierte er das Aikido anderer Lehrer als “Iroiro no hena style” (allerlei unkoordinierter Stilarten).
Nun waren viele Monate vergangen seit ich mit Sensei in Iwama angekommen war. Meine Beziehung zu Saito Sensei war in dieser Zeit auf vielen Ebenen kraftvoll gewachsen. Täglich, vor dem Training, gab ich Sensei zusammen mit anderen Uchi Deshis kurze Massagen – so wie es auch bei O’Sensei Tradition gewesen war.

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